Das Familienstellen, eine von Bert Hellinger entwickelte therapeutische Methode, hat viele Anhänger und hat sich in der psychologischen Praxis fest etabliert. Doch wie jede therapeutische Technik ist sie nicht unumstritten. Skeptiker und Kritiker äußern verschiedene Bedenken, die von methodischen Zweifeln bis hin zu ethischen Fragen reichen. In diesem Beitrag möchte ich einige Kritikpunkte am Familienstellen beleuchten.
1. Mangelnde wissenschaftliche Grundlage
Kritikpunkt:
Eine der häufigsten Kritiken am Familienstellen ist, dass die Methode keine ausreichende wissenschaftliche Basis hat. Viele Therapeuten und Forscher argumentieren, dass es an empirischen Studien fehlt, die die Wirksamkeit und Sicherheit des Familienstellens belegen. Die Methode basiert stark auf intuitiven und subjektiven Erfahrungen, was es schwierig macht, sie nach wissenschaftlichen Standards zu bewerten.
Einwand:
Befürworter des Familienstellens weisen darauf hin, dass die Methode zwar nicht umfassend wissenschaftlich validiert ist, aber dennoch eine lange Geschichte in der therapeutischen Praxis hat. Viele Therapeuten berichten von positiven Ergebnissen bei ihren Klienten und es gibt auch einige Studien, die auf die Wirksamkeit der Methode hinweisen. Dennoch ist es wichtig, die fehlende wissenschaftliche Basis anzuerkennen und die Methode kritisch und reflektiert einzusetzen.
2. Gefahr der Suggestion und Manipulation
Kritikpunkt:
Kritiker befürchten, dass Teilnehmer während einer Aufstellung stark von den Aussagen und Deutungen des Therapeuten beeinflusst werden können. Da das Familienstellen oft sehr emotionale Reaktionen hervorruft, besteht die Gefahr, dass Teilnehmer suggestiv beeinflusst oder gar manipuliert werden, was zu falschen Erinnerungen oder übermäßiger emotionaler Belastung führen kann.
Einwand:
Therapeuten, die mit Familienstellen arbeiten, betonen die Wichtigkeit einer verantwortungsvollen und ethisch fundierten Praxis. Ein erfahrener Therapeut sollte sich der Macht der Suggestion bewusst sein und darauf achten, keine Interpretationen aufzuzwingen. Stattdessen sollte er den Raum für die individuellen Erfahrungen des Klienten öffnen und diesen in seinem Prozess unterstützen, ohne ihn zu drängen oder zu manipulieren.
3. Überbetonung der familiären Vergangenheit
Kritikpunkt:
Ein weiterer Kritikpunkt betrifft die Fokussierung auf die familiäre Vergangenheit. Kritiker argumentieren, dass das Familienstellen zu sehr darauf ausgerichtet ist, vergangene Ereignisse und Familiendynamiken als Ursache für aktuelle Probleme zu sehen. Dies könnte dazu führen, dass Klienten ihre Verantwortung für ihr eigenes Leben und ihre Entscheidungen abgeben und sich in einer Opferrolle verhaften.
Einwand:
Während das Familienstellen tatsächlich einen starken Fokus auf familiäre Muster und Vergangenheit legt, ist das Ziel nicht, Klienten in der Vergangenheit festzuhalten, sondern ihnen zu helfen, diese Muster zu erkennen und sich davon zu lösen. Ein guter Therapeut wird den Klienten dazu ermutigen, die Verantwortung für sein eigenes Leben zu übernehmen und die neu gewonnenen Erkenntnisse in positive Veränderungen im Hier und Jetzt umzusetzen.
4. Emotionale Überforderung und fehlende Nachsorge
Kritikpunkt:
Da das Familienstellen tiefgehende und oft schmerzhafte Emotionen an die Oberfläche bringen kann, besteht die Gefahr, dass Teilnehmer emotional überfordert werden. Kritiker bemängeln, dass nicht immer ausreichend Nachsorge angeboten wird, um den Klienten bei der Verarbeitung dieser intensiven Erlebnisse zu unterstützen.
Einwand:
Die Nachsorge ist ein wesentlicher Aspekt jeder therapeutischen Arbeit, besonders bei so intensiven Methoden wie dem Familienstellen. Verantwortungsvolle Therapeuten bieten ihren Klienten nach einer Aufstellung Unterstützung an, sei es durch Nachgespräche, zusätzliche Sitzungen oder die Empfehlung weiterer therapeutischer Maßnahmen. Eine sorgfältige Nachbereitung ist entscheidend, um sicherzustellen, dass der Klient das Erlebte auf gesunde Weise integrieren kann.
5. Kritik an Bert Hellinger und seinen Ansichten
Kritikpunkt:
Einige Kritiker beziehen sich speziell auf Bert Hellinger, den Begründer des Familienstellens, und seine umstrittenen Ansichten, insbesondere in Bezug auf Geschlechterrollen, Autorität und Vergebung. Hellingers Aussagen und Methoden wurden manchmal als dogmatisch und konservativ empfunden, was bei einigen Menschen Unbehagen auslöst.
Einwand:
Es ist wichtig zu betonen, dass Familienstellen eine Methode ist, die sich weiterentwickelt hat und heute von vielen Therapeuten auf unterschiedliche Weise angewendet wird. Während Hellingers ursprüngliche Ansätze und Ideen die Grundlage bilden, gibt es viele Praktizierende, die die Methode angepasst haben und sie auf eine Weise anwenden, die frei von dogmatischen Überzeugungen ist. Wie bei jeder therapeutischen Methode ist es wichtig, den Ansatz des Therapeuten kritisch zu prüfen und einen zu wählen, dessen Arbeitsweise den eigenen Werten und Bedürfnissen entspricht.
Fazit
Das Familienstellen ist eine mächtige Methode, die vielen Menschen helfen kann, tief verwurzelte familiäre Muster zu erkennen und zu lösen. Dennoch ist es wichtig, die Kritik ernst zu nehmen und die Methode verantwortungsvoll einzusetzen. Skeptiker weisen zu Recht auf potenzielle Gefahren und Schwächen hin, die bedacht werden sollten, um sicherzustellen, dass das Familienstellen eine unterstützende und heilende Erfahrung bleibt. Eine kritische Auseinandersetzung mit der Methode hilft, sie weiterzuentwickeln und sicherzustellen, dass sie den Klienten auf eine ethische und effektive Weise dient.
Die nächsten Retreats mit Yoga und Familienaufstellungen finden vom 14.-22.03.2025 in Marokko in der Sahara und vom 09.-13.07.2025 in Schleswig an der Ostsee statt. Einzelaufstellungen vor Ort und online sind jederzeit möglich.