Berufliche Herausforderungen gehören für viele Menschen zum Alltag. Konflikte mit Kollegen, Blockaden im beruflichen Aufstieg oder Unsicherheiten bei wichtigen Entscheidungen können erheblichen Stress verursachen. Oft liegen die Ursachen solcher Schwierigkeiten jedoch nicht nur im aktuellen Arbeitsumfeld, sondern in tieferen, unbewussten Dynamiken – sowohl im privaten als auch im beruflichen System. Systemische Aufstellungen, bekannt aus dem Familienstellen, bieten eine effektive Methode, um diese unsichtbaren Verstrickungen sichtbar zu machen und zu lösen.
Systemische Aufstellungen im beruflichen Kontext funktionieren ähnlich wie das klassische Familienstellen, richten den Fokus jedoch auf berufliche Themen. Dabei werden nicht nur persönliche oder familiäre Dynamiken betrachtet, sondern auch das „System“ der Arbeitswelt – wie das Unternehmen, das Team oder die Beziehung zu Vorgesetzten.
In einer beruflichen Aufstellung werden relevante Elemente des beruflichen Umfelds, wie z. B. Kollegen, Vorgesetzte, Abteilungen oder konkrete Situationen, durch Stellvertreter repräsentiert. Auf diese Weise können verborgene Dynamiken und Konflikte ans Licht gebracht werden, die im Alltag schwer greifbar sind.
Wie können berufliche Herausforderungen durch Aufstellungen gelöst werden?
1. Erkennen von Konfliktdynamiken im Team:
In vielen Teams gibt es unterschwellige Spannungen, die sich negativ auf die Zusammenarbeit und die Produktivität auswirken. Eine Aufstellung kann dabei helfen, zu verstehen, welche unbewussten Muster zu Konflikten führen. Oft sind es Machtkämpfe, ungelöste Konkurrenzsituationen oder alte, familiär geprägte Verhaltensmuster, die in der Arbeit erneut auftauchen. Durch das Aufstellen des Teams oder der betreffenden Konfliktparteien werden diese Dynamiken sichtbar gemacht und Lösungswege entwickelt.
2. Lösen von Blockaden im beruflichen Aufstieg:
Manche Menschen erleben immer wieder Schwierigkeiten, beruflich aufzusteigen oder ihr volles Potenzial zu entfalten. Diese Blockaden können in Glaubenssätzen liegen, wie z. B. „Erfolg ist mit Schuld verbunden“ oder „Ich darf nicht mehr erreichen als meine Eltern“. Eine systemische Aufstellung zeigt, welche familiären Verstrickungen den beruflichen Erfolg blockieren und ermöglicht es, diese aufzulösen.
3. Verständnis der eigenen Rolle im Unternehmen:
Die Position, die man im Unternehmen einnimmt, ist nicht nur durch den Jobtitel definiert, sondern auch durch das Verhältnis zu Kollegen, Vorgesetzten und der Unternehmenskultur. Eine Aufstellung kann verdeutlichen, wie man im System wahrgenommen wird und welche Dynamiken das berufliche Miteinander beeinflussen. Sie kann helfen, sich der eigenen Rolle bewusster zu werden und geeignete Maßnahmen zu ergreifen, um die Zusammenarbeit zu verbessern.
4. Entscheidungsfindung und Klarheit bei beruflichen Veränderungen:
Berufliche Entscheidungen, wie z. B. der Wechsel des Arbeitsplatzes oder der Einstieg in eine Führungsposition, können mit Unsicherheiten und Ängsten verbunden sein. Eine systemische Aufstellung unterstützt dabei, Klarheit zu gewinnen, indem sie aufzeigt, welche inneren und äußeren Kräfte bei der Entscheidung eine Rolle spielen. Oft zeigt sich, ob eine Entscheidung im Einklang mit den persönlichen und familiären Werten steht oder ob unbewusste Ängste und Verstrickungen den Entscheidungsprozess behindern.
5. Burnout-Prävention und Stressbewältigung
Beruflicher Stress und die Gefahr eines Burnouts haben oft mit unbewussten Dynamiken im Arbeitsumfeld zu tun, die über die eigentliche Arbeitslast hinausgehen. Manche Menschen übernehmen unbewusst mehr Verantwortung, als ihnen zusteht oder setzen sich unter familiär bedingten Leistungsdruck. Eine Aufstellung kann diese unbewussten Motive sichtbar machen und den Weg zu einem gesünderen Umgang mit beruflichen Anforderungen eröffnen.
Beispiele für Aufstellungen im Berufsalltag
1. Teamkonflikte und Rollenkonfusion
Ein Team hat wiederkehrende Konflikte, die sich negativ auf die Zusammenarbeit und die Produktivität auswirken. Bei einer Aufstellung zeigt sich, dass bestimmte Teammitglieder unbewusst alte familiäre Rollen übernehmen. Zum Beispiel nimmt ein Mitarbeiter unbewusst die Rolle des „Familienfriedensstifters“ ein, was dazu führt, dass er Konflikte vermeidet, während ein anderer sich als „Rebell“ gegen die Führung auflehnt. Die Aufstellung verdeutlicht diese Muster, was zu einem besseren Verständnis im Team führt und die Kommunikation sowie das Konfliktmanagement verbessert.
2. Erfolgsblockaden und Karrierestagnation
Eine Führungskraft merkt, dass sie trotz harter Arbeit nicht in ihrer Karriere vorankommt. In der Aufstellung stellt sich heraus, dass die Person unbewusst mit einem gescheiterten Elternteil loyal verbunden ist. Durch diese Loyalität sabotiert sie sich selbst, weil sie glaubt, dass sie den Erfolg „nicht verdient“. Nachdem diese Blockade in der Aufstellung bearbeitet wird, kann die Person sich freier entwickeln und erfolgreichere Entscheidungen für ihre Karriere treffen.
3. Unternehmensaufstellung – Klarheit über Hierarchien und Strukturen
Ein mittelständisches Unternehmen erlebt stagnierendes Wachstum und Unsicherheit in den Führungsstrukturen. In einer systemischen Aufstellung werden die einzelnen Abteilungen und Führungsebenen aufgestellt. Es zeigt sich, dass es unklare Zuständigkeiten und Loyalitätskonflikte innerhalb der Führungsebene gibt. Einige Führungskräfte fühlen sich unbewusst eher ihren Teams als der Unternehmensleitung verpflichtet, was zu Entscheidungsstau führt. Durch das Auflösen dieser Dynamiken und eine Neuausrichtung der Führungskräfte verbessert sich die Entscheidungsfindung und der Zusammenhalt.
4. Burnout-Prävention und Work-Life-Balance
Ein Mitarbeiter fühlt sich überfordert und auf dem Weg in einen Burnout. Eine Aufstellung zeigt, dass der Mitarbeiter die Rolle des „Versorgers“ in seiner Ursprungsfamilie übernommen hat und glaubt, ständig für alle verantwortlich zu sein – sowohl privat als auch im Job. Dieses Muster überträgt sich in den Arbeitsalltag und führt zu chronischer Überlastung. Durch das Erkennen und Lösen dieser Dynamik lernt der Mitarbeiter, gesündere Grenzen zu setzen und Verantwortung zu delegieren.
5. Mitarbeiterbindung und Führungsdynamiken
Ein Geschäftsführer merkt, dass er Schwierigkeiten hat, seine Mitarbeiter langfristig zu motivieren und zu halten. In einer Aufstellung zeigt sich, dass er eine strenge, distanzierte Führungsrolle eingenommen hat, die ihm aus seiner eigenen Familiengeschichte vertraut ist. Dadurch wirkt er auf seine Mitarbeiter unnahbar und autoritär, obwohl er dies nicht beabsichtigt. Die Aufstellung hilft ihm, sein Führungsverhalten zu reflektieren und eine menschlichere, verbindlichere Art der Führung zu entwickeln, was zu einer besseren Mitarbeiterbindung führt.
6. Konflikte zwischen Abteilungen
In einem Unternehmen gibt es wiederkehrende Spannungen zwischen zwei Abteilungen, die oft in Schuldzuweisungen und Missverständnissen münden. Bei einer Aufstellung wird deutlich, dass sich die eine Abteilung als „benachteiligt“ fühlt, was auf tiefe, familiäre Verstrickungen innerhalb der Abteilungsleiter zurückzuführen ist. Nach der Aufstellung wird ein neues Verständnis für die gegenseitigen Bedürfnisse entwickelt, und die Zusammenarbeit zwischen den Abteilungen verbessert sich nachhaltig.
Systemische Aufstellungen sind ein kraftvolles Werkzeug im beruflichen Kontext, das tiefere Einsichten in versteckte Dynamiken und Verhaltensmuster ermöglicht. Ob es um Teamkonflikte, Karriereblockaden oder Führungsfragen geht – Aufstellungen bieten die Möglichkeit, unbewusste Muster zu erkennen und Lösungen zu finden, die zu mehr Klarheit, Erfolg und Zufriedenheit im Beruf führen.