Ein unerfüllter Kinderwunsch kann für Paare eine immense emotionale Belastung darstellen. Wenn medizinische Gründe für die ungewollte Kinderlosigkeit ausgeschlossen sind, beginnen viele Paare, nach tieferen Ursachen zu suchen. Eine Methode, die dabei helfen kann, die unbewussten emotionalen Blockaden und systemischen Verstrickungen aufzudecken, ist das Familienstellen. Durch diese systemische Arbeit werden oft Zusammenhänge sichtbar, die im familiären Feld verborgen liegen und den Wunsch, ein Kind zu bekommen, beeinflussen können.
In der Aufstellungsarbeit wird davon ausgegangen, dass unser Leben und unsere Entscheidungen stark von den Dynamiken innerhalb unseres Familiensystems geprägt werden. Das gilt auch für das Thema Kinderwunsch. Häufig zeigen sich bei einem unerfüllten Kinderwunsch unbewusste Verstrickungen, die mit der eigenen Familie oder den Generationen davor zu tun haben. Dazu gehören:
Verborgene Loyalitäten: Manchmal zeigt eine Aufstellung, dass es unbewusste Loyalitäten zu einem Familienmitglied gibt, das bewusst oder unbewusst gegen eine Elternrolle entschieden hat. Dies kann dazu führen, dass jemand unbewusst den eigenen Kinderwunsch blockiert, um dieser Person treu zu bleiben.
Traumata in der Familie: Unerwartete oder traumatische Erfahrungen in der eigenen Familie – wie Fehlgeburten, Kindstode oder andere Schicksalsschläge – können ebenfalls dazu führen, dass jemand unbewusst Angst davor hat, selbst ein Kind zu bekommen. Aufstellungen können helfen, solche traumatischen Erlebnisse ans Licht zu bringen und zu heilen.
Verletzte Mutter- oder Vaterbindung: Wenn die Bindung zu den eigenen Eltern belastet ist – sei es durch emotionale Distanz, Vernachlässigung oder ungelöste Konflikte – kann dies den Wunsch, selbst Eltern zu werden, beeinträchtigen. In Aufstellungen wird häufig sichtbar, dass Menschen unbewusst vermeiden, in die Elternrolle zu treten, weil sie die eigene Beziehung zu ihren Eltern noch nicht aufgearbeitet haben.
Familienstellen hilft, systemische Verstrickungen und unbewusste Blockaden sichtbar zu machen, die den Kinderwunsch beeinflussen. Stellvertreter repräsentieren dabei Familienmitglieder, aber auch abstrakte Konzepte wie den „Kinderwunsch“ oder „vergangene Traumata“ und können aufzeigen, welche unbewussten Kräfte wirken.
1. Aufdecken von Generationentrauma: Viele Frauen und Männer erleben in Aufstellungen, dass die Blockade des Kinderwunsches auf unbewusste Traumata in der Familiengeschichte zurückzuführen ist. Ein Schicksal, wie der Verlust eines Kindes in früheren Generationen, kann das ganze System beeinflussen. Die Aufstellung macht diese Dynamik sichtbar und gibt die Möglichkeit, das Trauma zu verarbeiten und emotionale Freiheit zu gewinnen.
2. Emotionale Blockaden lösen: Ein weiteres Thema, das in Aufstellungen oft auftaucht, sind tiefer liegende Ängste oder Unsicherheiten in Bezug auf die eigene Elternrolle. Diese können oft auf ungelöste Konflikte mit den eigenen Eltern zurückzuführen sein. Eine Aufstellung ermöglicht es, diese Verstrickungen zu erkennen und loszulassen, sodass der Weg für den eigenen Kinderwunsch frei wird.
3. Familiäre Rollen klären: Manchmal sind Menschen in ihrem Familiensystem in einer bestimmten Rolle gefangen, die ihnen unbewusst das Gefühl gibt, dass sie kein eigenes Kind haben sollten. Dies könnte beispielsweise die Rolle eines „Ersatzelternteils“ für jüngere Geschwister oder pflegebedürftige Eltern sein. Eine Aufstellung kann dabei helfen, sich von dieser Rolle zu lösen und Platz für ein eigenes Kind zu schaffen.
Nachdem die unbewussten Dynamiken in einer Aufstellung sichtbar gemacht wurden, beginnt der eigentliche Heilungsprozess. Die Person kann die unbewussten Verstrickungen erkennen und sich von ihnen lösen, was oft zu einer inneren Erleichterung führt. Die emotionale Blockade wird dadurch aufgehoben, und der Weg für eine erfüllte Elternschaft kann sich öffnen. Selbst wenn der Kinderwunsch nicht sofort in Erfüllung geht, erleben viele Menschen nach einer Aufstellung eine tiefere Akzeptanz und inneren Frieden in Bezug auf das Thema.
Beispiele aus der Praxis:
Verdrängtes Trauma in der Ahnenlinie: Eine Frau, die seit Jahren versucht, schwanger zu werden, entdeckt in einer Aufstellung, dass ihre Großmutter mehrere Fehlgeburten erlitten hat, was nie offen thematisiert wurde. Durch das Sichtbarmachen dieses Traumas und das Anerkennen des Schmerzes der Großmutter kann die Frau ihre unbewusste Angst loslassen, dass auch sie dieses Schicksal erleiden könnte.
Unbewusste Bindung an die Eltern: Ein Mann mit Kinderwunsch erkennt in der Aufstellung, dass er unbewusst seinem Vater treu bleiben möchte, der sich aus beruflichen Gründen gegen eine Familie entschieden hatte. Diese Loyalität blockiert ihn, selbst eine Familie zu gründen. Durch die Aufstellung wird ihm klar, dass er seinem Vater auch ohne diese Entscheidung treu bleiben kann, was ihm den Raum gibt, seine eigene Familie zu planen.
Das Familienstellen bietet Paaren, die unter einem unerfüllten Kinderwunsch leiden, die Möglichkeit, unbewusste Verstrickungen und Blockaden zu erkennen und zu lösen. Diese Blockaden können tief in der eigenen Familiengeschichte oder in der Beziehung zu den Eltern verwurzelt sein. Indem diese Dynamiken sichtbar gemacht und bearbeitet werden, entsteht oft eine neue emotionale Freiheit, die den Weg für eine erfüllte Elternschaft ebnet – oder zumindest zu einem tieferen Frieden mit dem eigenen Schicksal führt.
Systemische Aufstellungen sind eine wertvolle Ergänzung für Paare, die einen ganzheitlichen Ansatz suchen, um die tieferen, emotionalen Ursachen ihres unerfüllten Kinderwunsches zu verstehen und zu verarbeiten.